Mazda6e

Mazda6e Designer-Limousine als Alternative zu ID.7 und Co.?

8:39 Min.

Der Mazda 6e im ersten Fahrbericht mit Video-Review

Endlich mal wieder eine Limousine und kein Crossover: Nach dem Aus für den MX-30, der kurzzeitig auch als serieller Plug-in Hybrid mit Kreiskolbenmotor als Range Extender angeboten wurde, hatte Mazda eine Elektroauto-Lücke im Modellprogramm. Sie wird jetzt mit dem Nachfolger der Mittelklasse-Baureihe Mazda6 geschlossen. Als fünftürige Fließhecklimousine mit 4,92 Meter langer Karosserie kommt jetzt der Mazda6e auf den Händlern. Wir konnten bereits auf Testfahrt gehen.

Erster China-Mazda

2024 feierte die Elektro-Limousine als Mazda EZ-6 ihre Premiere in China. Dort wird das Modell, das jetzt als 6e zu uns kommt, auch gebaut. Die technische Basis liefert der Deepal SL03 des chinesischen Joint-Venture-Partners Changan Auto. Gleiches gilt auch für das SUV-Modell, bei uns wohl CX-6e genannt, das 2026 zusätzlich ins Programm kommen wird.

Der Mazda6e wird in zwei Varianten angeboten, die jeweils einen hinten liegenden Elektromotor und somit echten Heckantrieb haben. Das Grundmodell kommt auf eine Leistung von 190 kW (258 PS) und 320 Newtonmeter Drehmoment. In 7,6 Sekunden beschleunigt die Limousine auf 100 km/h und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h. Strom kommt aus einem LFP-Akku (Lithium-Eisenphosphat) mit 68,8 kWh Speicherkapazität. Im Mazda6e Long Range fasst die NMC-Batterie (Nickel Mangan Kobalt) 80 kWh, die Motorleistung wird jedoch leicht auf 180 kW (245 PS) reduziert. Bei unveränderter Höchstgeschwindigkeit vergeht mit 7,8 Sekunden minimal mehr Zeit beim Spurt auf 100 km/h.

Der Mazda6e im Video

Mehr zu den Ladeleistungen und Reichweiten der beiden Varianten steht weiter unten in diesem Text. In China bietet Mazda für den EZ-6 auch eine Variante mit Range Extender an. Hier arbeitet ein Verbrenner als Energielieferant ohne direkten Antrieb der Räder. Zusätzlich zum Laden des Akkus kann bzw. muss also auch Benzin getankt werden. Pläne, diese Motorvariante auch in Europa anzubieten, gibt es aktuell aber nicht.

Innenraum und Sitzkomfort

Die flache Bank im Fond sorgt für stark angewinkelte Beine.

Im Interieur des Mazda6e gefallen die Materialgüte und die hochwertige Verarbeitung. Die Ausstattungslinie Takumi Plus trägt dunkle Dekore in Holzoptik und eine braune Wohnwelt mit Nappaleder-Anteilen. Im 6e Takumi sind Kunstlederbezüge in Beige oder Schwarz an Bord.

Vorne sitzt man etwas hoch hinter der flachen Windschutzscheibe, auch in der tiefsten Position des Fahrerplatzes. Der Kopilot muss leider ohne Höheneinstellung auskommen. Im Fond steht eine mehr als ausreichende Beinfreiheit zur Verfügung. Die Sitzflächen sind jedoch sehr flach über dem Innenboden positioniert. Über Gebühr angewinkelte Beine und damit ein eingeschränkter Langstrecken-Komfort sind die Folge. Immerhin passt die Kopffreiheit auch für große Menschen.

Der Kofferraum hat ein durchschnittliches Volumen von 466 Litern, das nach dem Umklappen der Rücksitzlehnen zu einer 1,94 Meter langen und 94 Zentimeter breiten Ladefläche ausgebaut werden kann. Unter der vorderen Haube können nicht nur Ladekabel, sondern allerlei andere Dinge, in ein 72 Liter großes Staufach gelegt werden. Hier zeigt der Mazda6e einen Vorteil einer Elektro-Plattform mit Heckmotor.

Cockpit und Bedienung

Berühren, bitte! Die Interaktion mit dem Auto läuft über den 14,6 Zoll großen Touchscreen.

Bei der Bedienstruktur geht der Mazda6e einen anderen Weg als die bekannten Modelle der Marke. Das ist zum einen der technischen Basis der Elektro-Limousine geschuldet, dürfte aber auch ein Fingerzeig auf die Cockpitgestaltung künftiger Mazdas sein. Der Dreh-Drück-Steller auf der Mittelkonsole fehlt, als zentrale Einheit für die Interaktion mit dem Infotainmentsystem steht ein 14,6 Zoll großer Touchscreen im Cockpit. Auch die Klimabedienung erfolgt über eine feststehende Icon-Leiste und entsprechende Menüs, ein separates Bauteil gibt es nicht mehr.

Einzelne Anzeigenfelder auf dem Haupt-Menü lassen sich individuell konfigurieren. Auch die Symbole in der Leiste am unteren Rand des Bildschirms sind austauschbar. Praktisch: In der kalten Jahreszeit kann man hier die Sitzheizung für den Direktzugriff anzeigen lassen, im Sommer eine andere Funktion. Trotzdem bleibt viel Raum für Frust.

Viele Menüs sind arg verschachtelt. Es ist zu erwarten, dass Mazda hier bis zur Auslieferung der Kundenfahrzeuge noch Feinschliff walten lässt. Die händische Eingabe von Ladestopps im Navigationssystem (eine automatische Routenplanung mit Halt zum Nachladen war nicht möglich) erfolgt über eine separate Eingabemaske. Auch für die Einstellung der Außenspiegel muss man ein Menü aufrufen, dann mit Bedienfeldern im Multifunktionslenkrad die Gläser bewegen.

Untypisch ist auch die teils verständnislose, teils aufdringliche Sprachsteuerung mit einer seltsam gelangweilten Frauenstimme. Sie weist auch akustisch penetrant auf minimale Geschwindigkeitsübertretungen hin, kann aber kein Navigationsziel für die Routenführung erfassen und übernehmen. Im Rahmen einer künftigen Modellpflege sollten also gerne ein paar neue Code-Zeilen für das Infotainmentsystem geschrieben und aufgespielt werden.

Der Fahreindruck

Bei frühsommerlichen Temperaturen konnten wir erste Testkilometer sammeln.

Punkten kann der Mazda6e bereits auf den ersten Kilometern mit seinem Fahrkomfort. Federn und Dämpfer sind harmonisch aufeinander abgestimmt. Querfugen und kurze Anregungen sind nur dezent spürbar, gleichzeitig bleibt der Aufbau stets ruhig. Die Lenkung bietet, zumindest bei der richtigen Fahrmodus-Konfiguration im vertrackten Touchscreen-Menü eine gute Rückmeldung über den Winkel der Räder und ein fühlbares Feedback.

Auch der Geräuschkomfort ist positiv hervorzuheben. Auf der Autobahn, kurz bevor der Mazda6e bei Tacho 180 sanft in den Begrenzer läuft, bleiben Wind- und Abrollgeräusche außen vor. Spätestens an der Ampel nach der Ausfahrt stört jedoch die hohe Sitzposition in Verbindung mit der Dachlinie. Nachdem man während der Fahrt immer knapp unter der Sonnenblende und dem oberen Rand der Windschutzscheibe hindurchlinsen musste, bleibt jetzt der Blick auf die Ampel versperrt.

Verbrauch und Reichweite

Der Heckspoiler fährt bei 90 km/h automatisch aus.

17,8 kWh / 100 km meldet der Bordcomputer am Ende unseres Testtages inklusive Autobahn-Strecken. Mit der Energie aus dem 68,8 kWh großen Akku käme man damit rechnerisch rund 390 Kilometer weit. Ohne Vollstrom-Anteil sollten es im Alltag wohl etwa 420 Kilometer werden. Die WLTP-Normangabe liegt für diese Akku-Version bei 479 Kilometer.

Über den CCS-Anschluss zieht der Mazda6e, den Werksangaben zufolge, Strom mit bis zu 165 kW. In 24 Minuten soll sich der Füllstand des LFP-Akkus von zehn auf 80 Prozent hieven lassen. Wechselstrom wird über drei Phasen mit 11 kW gezogen. Wenig sinnvoll erscheint für die meisten Menschen der Aufpreis in Höhe von 1.600 Euro für die Long-Range-Variante. Sie hat mit 180 kW (245 PS) nicht nur weniger Motorleistung, sondern lädt auch langsamer. Der NMC-Akku erreicht am Schnelllader maximal 90 kW, der Hub von zehn auf 80 Prozent dauert 47 Minuten und damit fast doppelt so lange. Also bringt die Norm-Reichweite von 552 Kilometern im Alltag keinen Zeitvorteil.

Preise und Ausstattung

19-Zoll-Felgen sind serienmäßig, die Lackierung in Melting Copper kostet 850 Euro Aufpreis.

Das Angebot für den Mazda6e beschränkt sich auf zwei Ausstattungslinien, die sich mit beiden Antriebs-Varianten kombinieren lassen. Bei 44.900 Euro startet der Mazda6e Takumi. Seine Serienausstattung umfasst eine Dreizonen-Klimaautomatik den 14,6 Zoll großen Monitor, ein Head-up-Display, 19-Zoll-Leichtmetallfelgen, elektrisch verstellbare Sitze und einen ausfahrbaren Heckspoiler. Auch das Sony-Soundsystem mit 14 Lautsprechern ist ab Werk mit dabei.

2.000 Euro Aufpreis verlangt das Upgrade zum Takumi Plus, dessen Listenpreis also bei 46.900 Euro in Verbindung mit dem kleineren Akku liegt. Im Vergleich zum Mazda6e Takumi hat er die braune Innenausstattung mit Nappaleder-Anteil, Verdunkelungsrollos für das serienmäßige Panorama-Glasdach (ohne Öffnungsfunktion), die Dekore in Holzoptik und einen schwarzen Dachhimmel.

Mit diesen Preisen liegt der Mazda6e knapp unter chinesischen Konkurrenten die dem BYD Seal (ab 46.990 Euro) und deutlich unter dem VW ID.7, der – vor Abzug einer aktuellen Prämie zur Verkaufsförderung – bei 54.105 Euro startet. Zusätzlich punktet der Mazda mit seiner umfangreichen Serienausstattung und einer Neuwagengarantie über den Zeitraum von sechs Jahren bis zu einer Laufleistung von 150.000 Kilometern. Beim Leasing müssten die Vertriebsstrategen aber noch nachlegen. Aktuell wird der 6e mit viel zu hohen Monatsraten von deutlich über 500 Euro beworben. Der Mazda-Händler bittet einmal im Jahr oder alle 20.000 Kilometer zum Service-Termin.

Fazit

Die technischen Daten und die Angebotsstruktur machen die Empfehlung einfach: Das Basismodell passt am besten.

Optisch sticht der Mazda6e positiv aus dem Einerlei der Elektroautos mit spitzer Nase und LED-Streifen am Heck heraus. Das gewohnte Markendesign wurde gut in die Fließheckkarosserie integriert. Auch Cockpit und Verarbeitungsqualität wissen zu gefallen. Große Passagiere im Fond leiden mit stark angewinkelten Beinen unter der flachen Sitzposition. Möglicherweise dürften sie eher auf den geplanten SUV-Bruder des 6e warten.

Ob die Ladeleistung im Alltag ausreicht, wird ein späterer Test klären. Die Power des Heckmotors und der Fahrkomfort gefallen schon beim ersten Kennenlernen. Den Aufpreis für die Long Range – Version mit etwas mehr Reichweite sollte man sich, vor allem angesichts der schlechteren Performance am Schnelllader, sparen. Wer keinen Wert auf braunes Nappaleder legt, der dürfte auch mit der Ausstattungslinie Takumi zufrieden sein.

Technische Daten
Mazda6e

Antriebsart
Elektro
Antrieb
Heckantrieb
Getriebe
Eingang-Reduktionsgetriebe
Elektromotor: Maximale Leistung kW
190 kW (258 PS)
Elektromotor: Nennleistung KW
60 kW (82 PS)
Elektromotor: Maximales Drehmoment
320 Nm
Batterie
68,8 kWh
Batterie: Typ
LFP (Lithium-Eisenphosphat)
Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC)
165 kW
Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC)
11 kW (dreiphasig)
Beschleunigung 0-100 km/h
7,6 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit
175 km/h
Norm-Verbrauch kWh / 100 km
16,6 kWh
Reichweite nach Norm
479 Kilometer
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km
17,8 kWh (lt. Bordcomputer)
Kofferraumvolumen
466 - 1.074 Liter + Frunk 72 Liter
Reifenmarke und –format des Testwagens
Michelin e-Primacy 245/45 R19
Leergewicht
2.037 kg
Anhängelast (gebremst)
1.500 kg
Stützlast
75 kg
Dachlast
75 kg
Länge / Breite / Höhe
4.921 / 1.890 / 1.485 mm
Basispreis Baureihe
44.900 Euro
Basispreis Modellvariante
46.900 Euro
Testwagenpreis
47.750 Euro
Text: Bernd Conrad
Bilder: Matthias Gill, Bernd Conrad